Neusäß - Gals Klint (DK) - Kopenhagen

Endlich unterwegs im "Autobett"
Endlich unterwegs im "Autobett"

1. Reisetag. Sonntag, 8. Juli 2007. Von Neusäß nach Kassel.

Übernachtung: Autobahnraststätte Kassel

 

17:00 Uhr. Ich bin offen gesagt etwas entnervt. Wie lange dauert das denn bitte, bis man alles in diesem Wohnmobil hat?! Wir packen dieses riesige Schiff vor unserer Haustür seit gestern. Die Übernahme unseres Mietmobils von unserem Vermieter war spannend. Hoffentlich konnten wir uns alles merken, was man uns dort mit auf den Weg gab. Ein Tank für Diesel, einer für Wasser, einer für Grauwasser und das Klo. Dazu -zig Schalter für Strom oder Gas oder sonstwas. Ich hoffe, dass Thomas konzentrierter war. Ich war überwiegend mit unserem ungeduldigen, fast vier Monate alten Sohn und seiner großen, aufgeregten Schwester beschäftigt. Während ich mich mit immer lauter werdendem Zweifel frage, ob wir mit dem Wohnmobil klarkommen, hat Thomas seltsamerweise keinen Zweifel und fragt mich " ... warum denn nicht?" In mancher Hinsicht sind wir schon sehr unterschiedlich. 

Seit gestern packen wir also, beziehen die Betten, füllen den Kühlschrank. Und dann -endlich!- um 17:00 Uhr ist es soweit. Wir fahren los und bekommen die erste Prüfung auferlegt. In unserer Kleinstadt ist Stadtfest, unzählige Autos parken kreuz und quer und wir steuern durch das Chaos. Naja, Thomas steuert, ich übernehme draußen den Lotsendienst. 

Wir nehmen ins Bordtagebuch, Kapitel Camperregeln auf: Der Baum ist der natürliche Feind des Alkoven.

Der schönste Eindruck unserer ersten Fahrt waren sicher zwei ruhig schlafende Kinder und im Führerhaus ein seelig lächelnder König der Landstraße. Anna fühlt sich im "Autobett", so nennt sie das Wohnmobil, sofort wohl und schließt das Fahrzeug in ihr kleines Herz.

Der auffälligste Eindruck für die Nase kam aus dem Klo. Irgendwie riecht das Ding seltsam chemisch. Gehört das so?

Die Nacht verbrigen wir im Kreise vieler LKW-Fahrer auf dem Rastplatz in Kassel. Prima Wetter und unsere "Nachbarn" in Feinripp und Adiletten lassen bei uns Wohnzimmergefühle aufkommen. Und irgendwie fühlen wir uns fast schon aufgenommen in dieser Kommune und der Familie der Vagabunden!

Drinnen ist es jedenfalls richtig gemütlich. Unser Tochter wünscht sich ihre Leib-und Magen-Speise und ich koche rasch einen großen Topf Spaghetti mit Tomatensoße. Ist ja alles kein Problem! Die Maus strahlt übers ganze Gesicht, schiebt satt den Teller zur Seite um sich -schwupps- die schneeweiße Gardine neben sich zu schnappen und ihren roten Tomaten-Rüssel abzuputzen. Nicht im ernst, oder? Der Abend vergeht mit Gardinenwäsche und wir schreiben ins Bordbuch, Kapitel Inventar: Gardinen beim Essen vollständig öffnen. Auf alle Fälle wenn es Tomantensoße gibt.

Das erste kulinarische Abenteuer aus der Kombüse: Spaghetti mit Tomatensoße. Klappt doch schon prima!
Das erste kulinarische Abenteuer aus der Kombüse: Spaghetti mit Tomatensoße. Klappt doch schon prima!

2. Reisetag. Montag, 9. Juli 2007. Von Kassel nach Galsklint, Dänemark

Übernachtung: Camping Gals Klint

 

Guten Morgen! Okay, schlafen lässt es sich prima im Wohnmobil. Wir verbringen zwar keine ruhige, aber irgendwie coole Nacht auf dem Rastplatz. Diese Reise fühlt sich nach Abenteuer an.

Das Catering an Bord ist der Hit. Fast komme ich mir wie an Bord eines Flugzeuges vor, wenn die Flügeltüren über den Köpfen geschlossen werden. Zum Abendessen bedienten wir uns aus dem vollen Kühlschrank und für den jüngsten gab es Milch. Beim Frühstück haben wir uns schon an den Luxus gewöhnt. Milchkaffee, Corn-Flakes, Müsli, Marmeladenbrötchen, frisches Obst, Salami. Super Qualität, unschlagbarer Preis. Ich werde die Raststätten sicher nicht vermissen!

 

Wir sind am zweiten Tag unserer Reise ganz sicher, es kann kein Zufall sein. Die meinen uns! Kommt uns ein Wohnmobil entgegen, hält der Fahrer die Hand zum Gruß. Den WoMo-Gruß scheint es auch in der Sparversion zu geben: Dabei wird der linke Finger lässig vom Lenkrad abgehoben. Manche WoMo-Besatzungen heben den Arm -was mir besonders gefällt- gemeinsam zum Gruß. So machen wir das ab jetzt auch! Nach der Wink-Pilotphase und einigen Testläufen ist klar, dass der Gruß nicht zwischen Wohnmobil- und Wohnwagenfahrern funktioniert. Wir nehmen ins Bordbuch, Kapitel Etikette auf: We are family. Heb die Hand zum Gruß, es wird dir erwidert werden.

 

Nach 23 Stunden Fahrt sind wir angekommen. David und Anna haben sich tapfer geschlagen. Der andere mehr, die eine etwas weniger. 

Auf dem Campingplatz beziehen wir ein Plätzchen ganz vorne, so dass wir auf das Meer schauen können. 

3. Reisetag. Dienstag, 10. Juli 2007. In Galsklint.

Übernachtung: Camping Gals Klint

 

Brrr, kalt! Wir wachen morgens auf und sind überrascht, dass die Temperatur nachts doch ziemlich weit runtergeht. Für den kurzen Schlafanzug ist es eindeutig zu frisch. Die zweite Überraschung des Morgens: Das WoMo hat eine Heizung, die prima funktioniert und für kuschelige Atmosphäre am Frühstückstisch sorgt. 

Wir wünschen uns vom Tag alles Mögliche, nur nicht fahren.

Die Fahrt und vielleicht auch mein zweifaches Muttersein stecken mir ziemlich in den Knochen und ich schlafe mittags mit meinem Sohn ein. Einfach so und ganze zwei Stunden lang. Schlafen steht auf meiner Wunschliste seit vier Monaten ganz weit oben.

Unsere Tochter ist aus dem Gleichgewicht. Der kleine Bruder wird schon mal am Ärmchen gezogen und es fällt nicht ganz leicht, auf die Eifersucht einer Dreijährigen ruhig zu reagieren. Zu allem Überfluss verliert sie einen ihrer Bettbären. Die geliebten Schmusetücher begleiten sie seit ihrer Geburt und sind nicht wegzudenken. Vor einiger Zeit hatte ich die tolle Idee, einen Zwilling des begehrten Tiers anzuschaffen. Sollte einer verloren gehen, hätte ich für diese schreckliche Situation Ersatz. Der Versuch, Kinder täuschen zu wollen, geht ja meistens nach hinten los und so betrat sie eines Tages unseren Wäschekeller, im Händchen wie immer den Bettbären und blickt völlig überrascht auf die Wäscheleine, an der der Zwillingsbär hängt. Blick auf den  Bären in der Hand, Blick auf den Zwilling an der Leine, Blick auf den Bären in der Hand, Situation durchschaut. Seither suchen wir abends und in Notsituationen nicht mehr nur einen, sondern zwei Bären. Wir sind alle überglücklich, dass der verlorene Bär von unserem Camping-Nachbarn gefunden und zurückgebracht wird. So nett. Er hat uns den Tag gerettet, den Urlaub, vielleicht sogar unser Leben!

Am Nachmittag machen wir einen kleinen Spaziergang am Meer. Das tut nach 1000 Kilometern Autobahn so richtig gut!

Und jetzt liegt unsere Tochter entspannt bäuchlings in ihrem WoMo-Kinderzimmer und beobachtet die Nachbarn. David schläft. Die Sonne steht über dem Belt. Ruhe. Schön!

Um 22:00 Uhr ist es immer noch taghell, zum Lesen im WoMo brauchen wir kein Licht. Vom "Wohnzimmerfenster" heraus schauen wir auf das Meer. Wie wäre es jetzt in einer Ferienwohnung oder im Hotel? Nein, wir wollen nicht tauschen!

Nach drei Tagen in unserer Wohn-Konservenbüchse haben wir uns auch an die 15 Quadratmeter Wohnfläche gewöhnt. Die Laufwege spielen sich ein und es kommt nicht mehr so oft vor, dass wir uns in die Quere rennen und uns umständlich aneinander vorbeidrängen müssen. 

 

Spüldienst
Spüldienst
Entleeren des WoMo-Klos: Wat mut dat mut ...
Entleeren des WoMo-Klos: Wat mut dat mut ...
Blick aus dem Wohnzimmer
Blick aus dem Wohnzimmer
Blick aus dem Kinderzimmer
Blick aus dem Kinderzimmer
Hunger!
Hunger!